Klaus Woltron: Inflation: Der grosse Raubzug

Während sich die Politik mit Handy-Protokollen und der Herr Bundespräsident mit der moralischen Läuterung der Parteipolitiker beschäftigt, zerrinnt unser Wohlstand und liefern sich Migranten Straßenschlachten mit der Polizei.

Christine Lagarde hat es, im Verein mit den Folgen des Ukraine-Kriegs, geschafft: Die Schulden Italiens, Griechenlands und anderer Südstaaten schrumpfen wie durch Zauberhand. Möglich wird das Kunststück durch die auf über zehn Prozent angestiegene Inflation. Parallel dazu schrumpft die Kaufkraft der Sparer und Werktätigen ein wie die sprichwörtliche böhmische Leinwand. In drei Jahren wird ein Tausender nur noch 750 Euro wert sein – ein Verlust von 25%. Damit ist das klammheimliche Ziel der EZB, die gegen alle wirtschaftliche Vernunft Geld druckte und Schrottanleihen der Südländer erwarb, erreicht: Ein Billionen-Geldtransfer von Nord nach Süd, der größte Raubzug der Wirtschaftsgeschichte. Die Bürger zwischen Nordsee und Alpen werden 2022 einen Kaufkraftverlust von knapp 400 Milliarden Euro erleiden. Das Feigenblatt der zaghaften aktuellen Zinserhöhungen wiegt diesen gigantischen Wertverlust nicht auf. Es wird die Inflation um den Preis einer Rezession geringfügig bremsen.

„Die Inflation zerstört Nationen und Gesellschaften so sicher wie Invasionsarmeen“, erklärte einst Margaret Thatcher, die eiserne Lady Großbritanniens. „Sie ist die Mutter der Arbeitslosigkeit, die unsichtbare Räuberin, die die Sparer bestiehlt.“ Frau Thatcher erlebte es: Die Inflation erreichte Mitte der 70er-Jahre in England über 25%, es folgte eine bittere Rezession. Diese Ereignisse erscheinen noch belanglos gegen die Hyperinflation im Deutschland der Zwanzigerjahre: Immer schneller verfiel der Wert der Mark, bis 1923 der Kurs für einen US-Dollar 4,2 Billionen Mark betrug. Es war preisgünstiger, mit Markscheinen zu tapezieren als mit dem üblichen Wandbelag.
Die Auswirkungen der aktuellen Teuerung sind allerdings schmerzhaft genug. Geringverdiener haben Probleme, die hohen Nahrungsmittelpreise zu stemmen, Pendler stehen vor der Frage, wie sie den sündteuren Sprit bezahlen sollen, und die Energierechnung wird sich mehr als verdoppeln. Das freut zwar die Gaslieferanten aus den USA, Norwegen und arabischen Staaten, die damit eine Kriegsdividende kassieren – für die Sparer und Zahler hierzulande gerät deren Freude zum Dauerschmerz: Sie werden enteignet.
Wir leben mit dem Rücken zu unseren wirklichen Problemen
Währenddessen beschäftigt sich die gesamte Opposition mit den unappetitlichen Handy-Protokollen eines Postenakrobaten, der Herr Bundespräsident widmet sich der moralischen Läuterung der Parteipolitiker (die Quadratur des Kreises), während in Linz organisierte Straßenschlachten zwischen Polizei und Migranten stattfinden.
Grünbewegte verdammen den Kachelofen, Kohle- und Ölkraftwerke werden jählings aus dem Schlaf der Einmottung geweckt. „Wir leben mit dem Rücken zu unseren wirklichen Problemen“, so der bekannte Philosoph Peter Sloterdijk. Treffender kann man es nicht ausdrücken.
Politiker düsen im Privatjet zur Missionierung DER Welt
Wir drucken Geld, wenn es uns ausgeht, importieren gefracktes Gas per Schiff, samt dessen gewaltigem CO 2 -Ausstoß, weil die Förderung der hierzulande schlummernden Reserven die Tugendhaften erbittert, wir kaufen Billigtextilien aus Bangladesch, die von Sklavinnen um Hungerlöhne zusammengenäht werden, weil es bei uns einfacher ist, vom Arbeitslosengeld zu leben. Den Dreck aus alten Elektrogeräten und Chemieabfällen schippert man nach China, wo er zu weiterem Sondermüll, der per Wegwerf-Glumpert reimportiert wird, recycelt wird. Vor all dem verschließen wir die Augen.
Währenddessen düsen westliche Politiker im Privatjet in der Welt herum und predigen die freiheitlich-liberale Lebensart als einzig selig machende. Dass diese auf dem Treibsand gewaltiger Schulden und überheblicher Selbstgefälligkeit beruht, wird geflissentlich ausgeblendet.
Wer bei diesem wahnwitzigen Ringelspiel nicht mitmacht, „verrät die westlichen Werte“.
Das alles erinnert ebenfalls an Inflation – an die Verwässerung einer Werteskala, an deren Spitze einst der anständige Charakter des Einzelnen stand. Dieser, im Schwinden begriffen, wird durch eine Flut an Vorschriften ersetzt, gemäß der Erkenntnis von Publius Cornelius Tacitus (55–120 n. Chr.): „Je verdorbener der Staat, desto mehr Gesetze hat er.“
Ist die Fortentwicklung der Demokratie in den letzten Jahrzehnten noch geeignet, die großen Probleme der Welt zu lösen? Es scheint, als ob die wachsende Entzweiung im Volk per Parteiensystem und Wahlen als Konzentrat in Koalitionsregierungen hineingetragen wird. Dort wirkt sie, im Verein mit einer Opposition, die ihre ganze Kraft darauf verwendet, die Ergebnisse des jeweils letzten Urnengangs umzudrehen, zerstörerisch weiter. Mit einem derart selbsthemmenden System wird man wohl wenig ausrichten.
Warum wich Christine, die Räuber-Hauptfrau, von ihrem Weg der Leugnung der Inflation – obwohl diese vor aller Augen stetig wuchs – jüngst ab? Der Green Deal samt Aufbauinstrument „Next Generation EU“ mit insgesamt über 2 Billionen Euro Volumen wird den Südstaaten genug Schlupflöcher bieten, um die Kosten der jüngst verordneten Zinserhöhungen auszugleichen. Einst, in der grauen Vorzeit der EU, wurde uns feierlich versprochen, dass es nie, nie, nimmermehr! zu einem Transfer von Schulden (Bailout) innerhalb der EU kommen werde.
Diese Spekulation auf die Vergesslichkeit des Bürgers hat sich, wie man sieht, für den südlichen Teil des zur Schuldenunion degenerierten Clubs milliardenfach gelohnt.
Einige aber waren klüger: Die neutralen Schweizer lehnten die seinerzeitige EU-Verführung ab, mit dem Resultat, dass ihre Inflationsrate aktuell bloß 3,3% beträgt – Tendenz fallend.