
KURIER: Klimaministerin Leonore Gewessler erwägt laut „Profil“, die CO2-Steuer von derzeit 32,5 Euro/Tonne 2025 auf 120 und 2030 auf 240 Euro/Tonne zu erhöhen. WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf ist dafür, sie auszusetzen. Wofür sind Sie?
Harald Mahrer: Kopf wollte, dass die Steuer nicht weiter angehoben wird. Bereits letzten Herbst haben wir Vizekanzler Werner Kogler und Ministerin Gewessler gesagt, dass wir im besten Fall ein Gleichziehen mit dem deutschen Pfad wollen. Ideen kann man viele haben, aber ob sie für die österreichische Volkswirtschaft gut sind, ist eine andere Frage. Die Populisten links und rechts an den Rändern überbieten sich derzeit mit Ideen aus dem Elfenbeinturm, der Mottenkiste oder mit den Wohlstand gefährdenden Plänen.
Bleiben wir bei Gewesslers Idee, die sich als Lenkungsmittel versteht …
Es kann nur ein Lenkungsmittel sein, wenn ich das entsprechende Angebot habe – aber das gibt es nicht. Und das ist auch Teil unserer Inflationsproblematik. Die Populisten reden lieber über die Gierflation, anstatt über die Greenflation zu reden. Die entsteht, wenn ich einen großen Veränderungswunsch habe, aber das Angebot fehlt. Es gibt beispielsweise keinen Plan, wie man unsere 40-Terawattstunden-Stromlücke schließt.
Ist die Forderung dann unehrlich oder unredlich?
Harald Mahrer: Kopf wollte, dass die Steuer nicht weiter angehoben wird. Bereits letzten Herbst haben wir Vizekanzler Werner Kogler und Ministerin Gewessler gesagt, dass wir im besten Fall ein Gleichziehen mit dem deutschen Pfad wollen. Ideen kann man viele haben, aber ob sie für die österreichische Volkswirtschaft gut sind, ist eine andere Frage. Die Populisten links und rechts an den Rändern überbieten sich derzeit mit Ideen aus dem Elfenbeinturm, der Mottenkiste oder mit den Wohlstand gefährdenden Plänen.
Bleiben wir bei Gewesslers Idee, die sich als Lenkungsmittel versteht …
Es kann nur ein Lenkungsmittel sein, wenn ich das entsprechende Angebot habe – aber das gibt es nicht. Und das ist auch Teil unserer Inflationsproblematik. Die Populisten reden lieber über die Gierflation, anstatt über die Greenflation zu reden. Die entsteht, wenn ich einen großen Veränderungswunsch habe, aber das Angebot fehlt. Es gibt beispielsweise keinen Plan, wie man unsere 40-Terawattstunden-Stromlücke schließt.
Ist die Forderung dann unehrlich oder unredlich?
Es gibt im Klimaministerium scheinbar eine Liste für tabuloses Denken. Da kann man vieles draufschreiben! Wenn man die „Tabulos-Liste“ in eine „Realismus-Liste“ transformiert, dann muss man viele Dinge streichen.
Die erhöhte Pendlerpauschale läuft Ende Juni aus. Soll sie verlängert werden?
Solange es keine Wahlmöglichkeiten beim Verkehr gibt, muss man Pendler unterstützen. Generell bin ich dafür, das System grundlegend neu zu denken.
Die Inflation in Österreich beträgt 9,7 Prozent, in der Eurozone sind es nur 7 Prozent. Wie sehr wird das mittelfristig zum spürbaren Wettbewerbsnachteil?
Wir hoffen, dass wir den Unterschied verkleinern können. Wenn die Differenz mittelfristig bis 2025, 2026 so bleiben würde, dann hätten wir einen enormen Wettbewerbsnachteil für Österreichs Exportwirtschaft. Das wäre dramatisch, denn ein Großteil unserer Bruttowertschöpfung kommt aus dem Export.
Wodurch erklären Sie sich die anhaltend hohe Inflation?
Wir haben stärkere Nachholeffekte beim Konsum als andere Länder. Das am meisten ausgesparte Thema in der öffentlichen Debatte sind die negativen Realzinsen. Wenn ich beim Sparen 1 bis 2 Prozent bekomme, die Inflation aber bei 9,7 Prozent liegt, dann ist mein Geld im Schnitt um 8 Prozent weniger wert. Die Leute können rechnen, sagen sich: „Ehe das Geld noch weniger wert ist, gebe ich es jetzt lieber aus.“ Zudem haben die Hilfsmaßnahmen der Regierung die Nachfrage gestützt.
Die Regierung hat drei Anti-Teuerungspakete verabschiedet, gerade ein Paket gegen Armut verabschiedet. Sie bezeichnen sich selbst als „größter Gegner der Droge Staat“: Muss die Koalition die Bevölkerung auf kalten Entzug setzen?
Die „Droge Staat“ ist schlecht, zielgruppenspezifische und genaue Hilfe für Menschen, die es brauchen, ist gut. Solidarität soll Hilfe zur Selbsthilfe sein und nicht Dauer-Alimentierung. Das nämlich fördert die Vollkasko-Mentalität und befördert Trittbrettfahrertum.
Wen meinen Sie, wenn Sie Trittbrettfahrer sagen?
Wenn alle weniger arbeiten, weil sie sagen, es geht sich für sie aus, dann brechen wir den Sozialkontrakt, den unsere Vormütter und Vorväter in den 1950er-Jahren ausverhandelt haben. Der Vertrag besagt nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip, dass jeder und jede etwas beiträgt, außer er oder sie kann es dauerhaft nicht, wie Bedürftige oder Menschen mit Behinderung. Aber: Die Zahl der Trittbrettfahrer wird mehr!
Sie sagen damit, der Sozialvertrag existiert nicht mehr?
Die Zeit der angenehmen Unwahrheiten ist vorbei, man muss jetzt unangenehme Wahrheiten aussprechen. Der Sozialstaat wird mit Vier-Tage-Wochen für die Allgemeinheit nicht funktionieren. Wir werden alle ein wenig mehr arbeiten müssen und nicht weniger. Die Rahmenbedingungen haben sich – vor allem demografisch und im globalen Wettbewerb – geändert, ob uns das nun gefällt oder nicht. Was wir in Österreich in der Nabelschau diskutieren, das ist den Indern und den Chinesen nämlich herzlich egal.
Welches Regierungsmitglied in der türkis-grünen Koalition versagt hier?
Viele politische Verantwortungsträger führen unfassbar verantwortungslose populistische Debatten. Der FPÖ-Wahnsinn „Festung Europa“ ist ein Beispiel. Die FPÖ hat kein einziges tragfähiges Konzept für die Zukunft. Eine andere, ehemalige staatstragende Partei ist gerade mit sich beschäftigt und bringt Mottenkisten-Ideen. Im super-konservativen Salzburg ist es super-chic, die Kommunisten zu wählen. Das ist schockierend. Für mich gilt das „niemals vergessen“ für ganz rechts und ganz links.
Die ÖVP, der Sie angehören, arbeitet in Niederösterreich und wohl bald in Salzburg mit der FPÖ.
Ich kommentiere keine Entscheidungen auf Landesebene. Ich finde es nur sehr bedauerlich, dass sich manche Gruppen absichtlich und mit Anlauf aus dem Spiel genommen haben.
Vizekanzler Kogler und Gesundheitsminister Johannes Rauch sprechen sich erneut für eine Vermögens- bzw. Millionärssteuer aus. Wäre das solidarisch?
Es gibt eine Grunderwerbssteuer bei Schenkung und Erben und die beträgt ab 400.000 Euro 3,5 Prozent. Man kann also nicht wie Kogler sagen, es gebe gar keine Erbschaftssteuer im Bereich der Immobilien. Wir zählen zu den höchstbesteuerten Ländern in ganz Europa und erfinden eine neue Steuer für bereits Versteuertes? Der Staat unterstützt alle, die Geld ausgeben und nichts sparen. Und alle, die sich mühsam etwas ersparen vom bereits netto verdienten Geld, das brutal weginflationiert wird, sollen jetzt zusätzlich besteuert werden? Hohe Inflation ist die größte Umverteilungsaktion der Geschichte: Der Kapitalstock der Volkswirtschaft schrumpft im Wert.
Dass das reichste eine Prozent der Gesellschaft mehr zahlt, das ist nicht solidarisch?
Nochmals: Wir haben grundsätzlich ein progressives Steuermodell und Menschen, die mehr verdienen, zahlen schon überproportional mehr. Das kann man sich in jeder Einkommensstatistik-Analyse ansehen. Das System ist nicht unsolidarisch, weil wir immer die Einkommen nach Abzug der Steuern und Transferleistungen ansehen müssen. Zudem bitte ich zu bedenken: Wir haben die KESt (Kapitalertragsteuer), und Multimillionäre sind global und nicht national veranlagt.
Wenn Ihr Aufruf zu mehr Arbeit nicht funktioniert, das Sozialsystem erodiert, dann befürchten Sie was?
Die Konsequenz des totalen Individualismus ist ein fragmentiertes Sozialsystem und ein Wettbewerb der Krankenkassen. Dann haben wir ein System wie in den USA. Dann hat man vielleicht viel Freizeit, muss aber für jeden Gang zum Arzt zahlen und kann sich das gar nicht leisten. Wollen wir das?
Sie sind fünf Jahre Präsident der WKÖ. Was ist Ihnen nicht gelungen?
Wir hätten uns vorgenommen, viel mehr im Bereich der qualitativen Kinderbetreuung weiterzubringen. Bildung und Forschung hätte ich gerne viel mehr in den Vordergrund gestellt neben der Frage der Energiewende und des Arbeitsmarktes, die vieles überlagert hat.
Die erhöhte Pendlerpauschale läuft Ende Juni aus. Soll sie verlängert werden?
Solange es keine Wahlmöglichkeiten beim Verkehr gibt, muss man Pendler unterstützen. Generell bin ich dafür, das System grundlegend neu zu denken.
Die Inflation in Österreich beträgt 9,7 Prozent, in der Eurozone sind es nur 7 Prozent. Wie sehr wird das mittelfristig zum spürbaren Wettbewerbsnachteil?
Wir hoffen, dass wir den Unterschied verkleinern können. Wenn die Differenz mittelfristig bis 2025, 2026 so bleiben würde, dann hätten wir einen enormen Wettbewerbsnachteil für Österreichs Exportwirtschaft. Das wäre dramatisch, denn ein Großteil unserer Bruttowertschöpfung kommt aus dem Export.
Wodurch erklären Sie sich die anhaltend hohe Inflation?
Wir haben stärkere Nachholeffekte beim Konsum als andere Länder. Das am meisten ausgesparte Thema in der öffentlichen Debatte sind die negativen Realzinsen. Wenn ich beim Sparen 1 bis 2 Prozent bekomme, die Inflation aber bei 9,7 Prozent liegt, dann ist mein Geld im Schnitt um 8 Prozent weniger wert. Die Leute können rechnen, sagen sich: „Ehe das Geld noch weniger wert ist, gebe ich es jetzt lieber aus.“ Zudem haben die Hilfsmaßnahmen der Regierung die Nachfrage gestützt.
Die Regierung hat drei Anti-Teuerungspakete verabschiedet, gerade ein Paket gegen Armut verabschiedet. Sie bezeichnen sich selbst als „größter Gegner der Droge Staat“: Muss die Koalition die Bevölkerung auf kalten Entzug setzen?
Die „Droge Staat“ ist schlecht, zielgruppenspezifische und genaue Hilfe für Menschen, die es brauchen, ist gut. Solidarität soll Hilfe zur Selbsthilfe sein und nicht Dauer-Alimentierung. Das nämlich fördert die Vollkasko-Mentalität und befördert Trittbrettfahrertum.
Wen meinen Sie, wenn Sie Trittbrettfahrer sagen?
Wenn alle weniger arbeiten, weil sie sagen, es geht sich für sie aus, dann brechen wir den Sozialkontrakt, den unsere Vormütter und Vorväter in den 1950er-Jahren ausverhandelt haben. Der Vertrag besagt nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip, dass jeder und jede etwas beiträgt, außer er oder sie kann es dauerhaft nicht, wie Bedürftige oder Menschen mit Behinderung. Aber: Die Zahl der Trittbrettfahrer wird mehr!
Sie sagen damit, der Sozialvertrag existiert nicht mehr?
Die Zeit der angenehmen Unwahrheiten ist vorbei, man muss jetzt unangenehme Wahrheiten aussprechen. Der Sozialstaat wird mit Vier-Tage-Wochen für die Allgemeinheit nicht funktionieren. Wir werden alle ein wenig mehr arbeiten müssen und nicht weniger. Die Rahmenbedingungen haben sich – vor allem demografisch und im globalen Wettbewerb – geändert, ob uns das nun gefällt oder nicht. Was wir in Österreich in der Nabelschau diskutieren, das ist den Indern und den Chinesen nämlich herzlich egal.
Welches Regierungsmitglied in der türkis-grünen Koalition versagt hier?
Viele politische Verantwortungsträger führen unfassbar verantwortungslose populistische Debatten. Der FPÖ-Wahnsinn „Festung Europa“ ist ein Beispiel. Die FPÖ hat kein einziges tragfähiges Konzept für die Zukunft. Eine andere, ehemalige staatstragende Partei ist gerade mit sich beschäftigt und bringt Mottenkisten-Ideen. Im super-konservativen Salzburg ist es super-chic, die Kommunisten zu wählen. Das ist schockierend. Für mich gilt das „niemals vergessen“ für ganz rechts und ganz links.
Die ÖVP, der Sie angehören, arbeitet in Niederösterreich und wohl bald in Salzburg mit der FPÖ.
Ich kommentiere keine Entscheidungen auf Landesebene. Ich finde es nur sehr bedauerlich, dass sich manche Gruppen absichtlich und mit Anlauf aus dem Spiel genommen haben.
Vizekanzler Kogler und Gesundheitsminister Johannes Rauch sprechen sich erneut für eine Vermögens- bzw. Millionärssteuer aus. Wäre das solidarisch?
Es gibt eine Grunderwerbssteuer bei Schenkung und Erben und die beträgt ab 400.000 Euro 3,5 Prozent. Man kann also nicht wie Kogler sagen, es gebe gar keine Erbschaftssteuer im Bereich der Immobilien. Wir zählen zu den höchstbesteuerten Ländern in ganz Europa und erfinden eine neue Steuer für bereits Versteuertes? Der Staat unterstützt alle, die Geld ausgeben und nichts sparen. Und alle, die sich mühsam etwas ersparen vom bereits netto verdienten Geld, das brutal weginflationiert wird, sollen jetzt zusätzlich besteuert werden? Hohe Inflation ist die größte Umverteilungsaktion der Geschichte: Der Kapitalstock der Volkswirtschaft schrumpft im Wert.
Dass das reichste eine Prozent der Gesellschaft mehr zahlt, das ist nicht solidarisch?
Nochmals: Wir haben grundsätzlich ein progressives Steuermodell und Menschen, die mehr verdienen, zahlen schon überproportional mehr. Das kann man sich in jeder Einkommensstatistik-Analyse ansehen. Das System ist nicht unsolidarisch, weil wir immer die Einkommen nach Abzug der Steuern und Transferleistungen ansehen müssen. Zudem bitte ich zu bedenken: Wir haben die KESt (Kapitalertragsteuer), und Multimillionäre sind global und nicht national veranlagt.
Wenn Ihr Aufruf zu mehr Arbeit nicht funktioniert, das Sozialsystem erodiert, dann befürchten Sie was?
Die Konsequenz des totalen Individualismus ist ein fragmentiertes Sozialsystem und ein Wettbewerb der Krankenkassen. Dann haben wir ein System wie in den USA. Dann hat man vielleicht viel Freizeit, muss aber für jeden Gang zum Arzt zahlen und kann sich das gar nicht leisten. Wollen wir das?
Sie sind fünf Jahre Präsident der WKÖ. Was ist Ihnen nicht gelungen?
Wir hätten uns vorgenommen, viel mehr im Bereich der qualitativen Kinderbetreuung weiterzubringen. Bildung und Forschung hätte ich gerne viel mehr in den Vordergrund gestellt neben der Frage der Energiewende und des Arbeitsmarktes, die vieles überlagert hat.
P.S.:<6nbsp; Politiker und Unternehmer
öffnenschließen
txt
txt right
txt right
MEDIENSPIEGEL öffnenschließen
Wasserstoff
7 Sammelsurium
DATUM | Sammelsurium | KATEGORIE | TAG | NOTES | int-link |
---|---|---|---|---|---|
2022-12-10 | 2022-12-10 txt - Judith Hecht - PresseArchiv excerpt | ||||
2022-02-22 | 2022-02-22 10x Cramolin BOOSTER 481711 Druckluftspray getgoods | Shopping | |||
2022-02-22 | 2022-02-22 Lupen-Ersatzleuchte | T4 | 12 W | 1100 lm conrad | Shopping | |||
2022-02-18 | 2022-02-18 Phänologischer Kalender SCNATArchiv Viele wissenschaftliche Disziplinen befassen sich mit dem Zeitverlauf in der Natur. Dieses Webportal bietet viel Wissenswertes rund ums Thema. Genaue Kenntnisse zu Ursachen und Folgen der Jahreszeiten sind wichtig in der Landwirtschaft, Wetter- und Klimaforschung, Ökologie, Medizin und für den Tourismus. |