Österreich braucht kein Plastikpfand

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Das System wäre teuer und trägt nur marginal zu den EU-Recyclingquoten bei.
Erleichtern wir doch das Sammeln!
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Österreich braucht kein Plastikpfand

Das System wäre teuer und trägt nur marginal zu den EU-Recyclingquoten bei. Erleichtern wir doch das Sammeln!
In Österreich werden derzeit 70 Prozent der PET-Flaschen gesammelt, mancherorts auch mehr. Wenn in Wien die Quote bei 30 Prozent liegt, muss sie in anderen Bundesländern deutlich über 70 Prozent liegen. Die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) geht in ihrem Zehn-Punkte-Plan davon aus, dass es Bundesländer gibt, die heute schon die 90-Prozent-Zielflagge erreichen. Das bestreiten die Interessenten des Pfandes, denn wenn das stimmt, geraten sie in Argumentationsnotstand. Aber selbst wenn es nur Landesteile sind, die der 90-Prozent-Sammelquote nahekommen: Ein paar Prozentpunkte zuzulegen, ist keine Herkulesaufgabe. Die Annahme, dass in Städten nicht mehr gesammelt werden kann, weil es zu wenig Platz gibt, ist falsch.
Ich erlebe es täglich selbst in Wien. In meinem Wohnhaus gibt es vier graue Behälter für Restmüll und zwei rote für Altpapier, in Summe stehen also sechs Container zur Verfügung. Warum können im Hof nicht zwei Gelbe (für Kunststoff/Metall), zwei Rote (Altpapier) und zwei Graue (Restmüll) stehen? Wenn der Aufwand für die Wertstofferfassung so gering wie für die Restmüllentsorgung ist, dann steigt die Sammelleistung sprunghaft.
Es ist nicht naturgegeben, dass Vorarlberger mehr Wertstoffe erfassen als Wiener, sondern ein Ergebnis der Sammelstruktur. Neben der Einführung der gelben Tonne (oder des gelben Sacks) in den Städten ist auch die verbesserte Erfassung der Wertstoffe im Außer-Haus-Konsum nötig. Wer mit Kindern in Wiener Parks und Spielplätze geht und dabei eine Jause mitnimmt, kann die Verpackungen nur zum Restmüll geben. Ein Behälter für Wertstoffe fehlt. Das Gleiche gilt, wenn Wanderer oder Radfahrer eine Rast machen. Im Gewerbe sind mehrere Kunststofffraktionen getrennt zu erfassen. Je besser getrennt wird, umso wirtschaftlicher ist das Recycling. Gelbe Tonne/gelber Sack zu den Haushalten, Wertstoffsammlung auch Outdoor, adäquate Sortiertiefe im Gewerbe – das sind die Eckpfeiler der alltagstauglichen Kreislaufwirtschaft. Gegen das Pfand für Einwegverpackungen sprechen gravierende Nachteile. Konsumenten können ihre Gebinde nicht mehr haushaltsnah und wann sie wollen zurückgeben und müssen ein teures System mit einer eigenen Pfandgesellschaft finanzieren.
Die WKÖ geht davon aus, dass ein Pfandsystem Mehrkosten von mindestens 60 Millionen Euro pro Jahr verursacht. Greißler, Fleischer und Bäcker wollen nicht in kleinen Geschäftsräumen Abfälle sammeln, sondern hygienisch einwandfreie Lebensmittel abgeben. Jeder Quadratmeter Verkaufsfläche ist kostbar, gehen nur fünf Quadratmeter für die Rücknahme und Zwischenlagerung drauf, ist das für die Corona-krisengeschüttelten Kleinbetriebe schon existenzbedrohend. Andere Länder haben auch Pfandsysteme? Ja, aber was sagt das schon, einige haben es, einige haben es nicht. Eben hat die Schweiz, ein abfallwirtschaftlich vergleichbares Land, die Option geprüft, PET-Flaschen zu bepfanden. Sie hat die Idee verworfen. Sie sammelt – wie einige Landesteile in Österreich – mehr als 80 Prozent und traut sich die Steigerung auf 90 Prozent auch ohne Pfand zu. Auch Österreich darf sich das zutrauen.
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