
Die neue Generation denkt nur daran, zu zensieren, was sie kränkt oder ‚beleidigt‘.“
Caroline Fourest: Generation Beleidigt
“Linke” Identitäre kreiren neuen Alltagsrassismus, beeinflussen politische Parteien, Gewerkschaften und Fakultäzten in rapide zunehmenden Ausmaß und spalten unsere Gesellschaft in immer mehr “Kleinrassen” auf.
”Diese Radikalen sind oft Menschen, die weder die Kraft noch die Geduld haben, andere Menschen zu verändern.“
Der Aktivismus (meist junger) Menschen beruht heutzutage darauf ,
andere Menschen an den Pranger zu stellen.
So entsteht eine Schwarz-Weiß-Sicht, bei der
Raum für Dialog und Aufklärung fehlen.
Daraus entsteht eine Spaltung der Gesellschaft, die dem Zusammenleben und dem Zusammenhalt unserer Gesellschaft schadet.
Die Verbreitung dieser Polarisierung wird vor allem durch die (a)sozialen Medien befeuert.
Die woke-Bewegung ist extrem dogmatisch und lässt keinerlei Kritik zu.
Wie kann das sein, dass eine linke Bewegung, die eigentlich für Diversität und Meinungsfreiheit steht, ihre Kritiker so krass fertigmacht?
“woke” – Erwachet, die neuen Wachturmpostillione
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Der Begriff „woke“ wurde in den letzten Jahren vor allem durch Social Media geprägt. Mit Hashtags wie #woke oder #staywoke soll auf soziale, strukturelle und/oder politische Missstände aufmerksam gemacht werden.
„Woke“ – Die Aufmerksamkeit für Diskriminierungen
„Woke“ oder auch „Wokeness“ genannt, kommt aus dem Englischen und bedeutet übersetzt „aufgewacht“ bzw. „wachsam“. Verwendet wird der Begriff heute umgangssprachlich vor allem für die Aufmerksamkeit (Wachsamkeit) bzw. die Feinfühligkeit gegenüber Menschen von Minderheiten und Momenten von Diskriminierungen. Im Fokus der Wokeness-Bewegung stehen vor allem Themen wie Rassismus, Sexismus und ähnliche Diskriminierungen. Nicht selten wird der Begriff aber auch für vermeintlich allgemein strukturelle und politische Missstände benutzt.
Herkunft des Begriffs „Woke“
Entstanden ist der Begriff Mitte des 20. Jahrhunderts in der afroamerikanischen Bewegung als Ausdruck des Bewusstseins für soziale bzw. rassistische Unterdrückung (1). Eine der frühesten Verwendungen findet sich in einem Artikel (2) des Autors William Melvin Kelley aus dem Jahr 1962, der afroamerikanische Slangausdrücke aufgelistet und von weißen Beatniks handelt, die sich schwarzen Slang aneignen. Stärker aufgegriffen wurde der Begriff wieder mit Beginn der Black-Lives-Matter-Bewegung im Jahr 2013, welche diesen wieder stärker ins öffentliche Bewusstsein rückte.
Seit Juni 2017 ist das Wort im Oxford English Dictionary zu finden (3). Das OED beschreibt den Begriff „woke“ seitdem wie folgt:
Ursprünglich: Gut informiert, auf dem neusten Stand. – Jetzt hauptsächlich: Wachsam gegenüber rassistischer oder gesellschaftlicher Diskriminierung und Ungerechtigkeit; häufiger Gebrauch: „wachsam bleiben“
Kritik an der Woke-Bewegung
Trotz der Notwendigkeit für „Wokeness“ in der Gesellschaft ist der Begriff „woke“ nicht nur positiv konnotiert. Er findet teilweise auch eine abwertende Verwendung (4), bei der Kritik an der Woke-Bewegung selbst zum Ausdruck gebracht wird, was teilweise zu einer Lagerbildung führt.
#01 – WOKE ZU SEIN BERUHE NUR AUF KRITIK
Eine häufige Kritik an der Woke-Bewegung ist, dass das Woke-Sein oft nur darauf beruhen würde, andere zu kritisieren, nicht woke genug zu sein. So auch Barack Obama (5,6,7), als er im Jahr 2019 in einem Interview mit der New York Times sagte, dass der Aktivismus junger Menschen heutzutage darauf beruht, andere Menschen an den Pranger zu stellen. So entstehe eine Schwarz-Weiß-Sicht, bei der Raum für Dialog und Aufklärung fehle. Das sei ein Problem, da alle Menschen mehr oder weniger Fehler haben. Ein zu starkes Polarisieren ist ein Muster, das vor allem in den sozialen Medien zu erkennen ist.
#02 – VOREILIGE ENTWICKLUNG EINER CANCEL CULTURE
Weiter sei eine Konsequenz einer Diskussionskultur, die nur aus Kritik bestehen würde, eine vorschnelle Entwicklung in eine Cancel Culture, in der bestimmte Menschen oder Gruppen gänzlich gemieden werden sollen, um ihnen die Plattform zu entziehen. So ist die Befürchtung, dass mitunter auch Menschen oder Gruppen gecancelt werden, die sonst Gutes tun, ohne ihnen Raum für Dialog und Entwicklung zu geben. Marotten würden so zu sehr bestraft werden.
Lese-Tipp: Cancel Culture – Was ist das? Definition und Beispiele
#03 – POLITISCHE KORREKTHEIT
Kontrovers diskutiert wird der Begriff „woke“ auch in Verbindung mit „politischer Korrektheit“, welche eigentlich das Ziel hat Interessen von Minderheiten vor allem durch einen passenden Sprachgebrauch zu stärken und so Diskriminierung zu vermeiden. Kritisiert wird, dass so neue Normen entstünden, die teilweise als Zensur empfunden wird. Von den Kritikern wird dadurch eine Unterwanderung der Meinungsfreiheit durch eine Art Moralismus befürchtet.
#04 – WOKE WASHING UND WOKE CAPITALISM
Von Woke-Washing und Woke Capitalism spricht man, wenn Marken, Institutionen oder auch Einzelpersonen sich gegen Diskriminierungen bzw. Missstände äußern, aber gleichzeitig gegensätzlich oder gar nicht handeln. So ist die Kritik hier, dass gerade bei Unternehmen ein progressives Selbstbild entstehe, das sich hinter der woken Fassade dennoch einer unnachsichtigen Gewinnmaximierung unterordnet. Das Bild einer nachhaltigen und gleichberechtigten Unternehmenskultur wird so zur Marketingstrategie, statt zu einer eigenen authentischen Identität.
Cancel Culture: Definition
Cancel Culture, manchmal auch Call-out Culture genannt, ist eine Art moderne Form des Prangers. Online, im Beruf oder privat – wer beispielsweise etwas Diskriminierendes sagt oder tut, der wird „gecancelt“, das heißt, er soll von Bühnen oder aus dem TV-Programm verschwinden, den Job verlieren oder nicht mehr Teil der Freundesgruppe sein.
Cancel Culture stellt also eine Form des Boykotts dar – bestimmte (oft prominente) Menschen oder Gruppen sollen gemieden werden, weil sie auf fragwürdige oder kontroverse Weise gehandelt haben. Dabei geht es meist um mehr als um harmlose Meinungsäußerungen. Es geht um Fragen sozialer Gerechtigkeit, Sexismus, Rassismus und Homophobie.
„Cancel Culture“ ist heutzutage ein politischer Begriff, der sich in der Regel gegen linke Politik richtet. In den USA nutzen konservative Sender wie Fox News den Begriff, weil sie fürchten, dass unliebsame Meinungen von einer linken Politik „gecancelt“ werden könnten. In Deutschland versuchte beispielsweise die AfD, die Cancel Culture gegen die Kabarettistin Lisa Eckhart zu instrumentalisieren. Gleichzeitig nutzen aber konservative und rechte Personen und Parteien eben genau die Taktiken der Cancel Culture, vom Aufkündigen des Dialogs bin hin zur Denunziation einzelner Personen oder Organisationen.
Pro & Contra – Cancel Culture in der Kritik
Oft ergeben sich zwei Lager, wenn es um die Kritik an Cancel Culture geht.
Die Gegner der Cancel Culture sehen in ihr eine Gefährdung der Meinungsfreiheit, weil Debatten angeblich eingeschränkt werden sollen, indem Menschen Angst gemacht wird, sich öffentlich zu bestimmten Themen zu äußern. Der Gegenseite wird eine Intoleranz gegenüber „Mainstream-Meinungen“ vorgeworfen, zum Teil steht auch der Vorwurf der Zensur im Raum.
Der Cancel Culture gehe es nicht darum, Debatten zu führen oder tieferliegende Probleme zu lösen, sondern lediglich um Diskreditierung. Gleichzeitig wird außer Acht gelassen, dass kein Mensch perfekt ist und jeder Fehler machen kann. Einzelne Fehler sollten dann nicht sofort zur öffentlichen Ächtung einer Person führen.
Dem gegenüber stehen diejenigen, die das Thema Cancel Culture entspannter sehen. Die Meinungsfreiheit ist demnach schließlich weiterhin gegeben – in Deutschland kann jeder seine Gedanken ungehindert preisgeben. Cancel Culture wird dabei jedoch als wichtiges Instrument gesehen, diskriminierendes Verhalten anzuprangern und Konsequenzen einzufordern. Insbesondere Minderheiten, die sonst in öffentlichen Debatten oft keine Stimme haben, können dank lautstarker, meist online geführter Cancel-Debatten gehört werden. Diese Debatten schärfen das Bewusstsein für Ungerechtigkeiten, decken Missstände in der Gesellschaft auf und thematisieren wichtige soziale Fragen.
Problematisch wird Cancel Culture sicherlich vor allem dann, wenn das „Canceln“ auf Vermutungen und Gerüchten basiert. Kritik zu äußern, wenn sich jemand problematisch geäußert oder verhalten hat, ist die eine Sache – jemanden aufgrund von Hörensagen an den Pranger zu stellen eine andere.
Auch online: Was sind E-Girls und E-Boys? Der Jugendtrend erklärt
Beispiele für Cancel Culture
Im Sommer letzten Jahres sah sich der deutsche Comedian Dieter Nuhr nach eigener Aussage der sogenannten Cancel Culture ausgesetzt. Auslöser waren Äußerungen von Nuhr, durch die er angeblich sowohl die Klimakrise als auch die Corona-Pandemie verharmloste. Ob er wirklich Opfer einer Cancel Culture wurde, ist jedoch fraglich. Im Frühjahr 2021 lief in der ARD weiterhin seine Sendung „Nuhr im Ersten“ und im Sommer diesen Jahres stand er mit einem neuen Comedy-Programm auf der Bühne.
Als ebenfalls „gecancelt“ gilt Joanna K. Rowling, die Autorin der Harry-Potter-Bücher, die sich wiederholt transphob geäußert hat. Online bekunden zwar viele ehemalige Potter-Fans, die Autorin nicht mehr unterstützen zu wollen, ob sich Rowling aber wirklich daran stört, ist unbekannt.
Aber: Gibt es Cancel Culture überhaupt?
Sowohl in den USA als auch in Deutschland gibt es mittlerweile Netzwerke, die sich gegen Cancel Culture aussprechen. Diese Organisationen sind in der Regel eher dem konservativen Spektrum zuzuordnen. In Großbritannien war Anfang 2021 sogar ein Gesetz gegen Cancel Culture im Gespräch.
Doch die Debatten rund um Cancel Culture drehen sich nicht nur darum, ob diese Form der Ächtung nun positiv oder negativ zu bewerten sei. Sie dreht sich oft schon allein darum, ob es Cancel Culture überhaupt gibt.
Denn tatsächlich haben viele Menschen, die von sich behauptet „gecancelt“ worden zu sein, nach einem ersten Shitstorm kaum oder keine negativen Auswirkungen erfahren. Sie werden weiterhin in Talkshows eingeladen, stehen weiterhin auf der Bühne, drehen Filme und so weiter – wie das Beispiel von Dieter Nuhr zeigt. Zum Teil steht deswegen die Vermutung im Raum, dass die angebliche Cancel Culture in Deutschland der Karriere eher einen Schub verpasst anstatt diese zu canceln.
Fest steht: Die Meinungsfreiheit darf niemals in Gefahr geraten. Ob die Cancel Culture die Meinungsfreiheit nun bedroht oder lediglich Raum für notwendige Debatten schafft – da muss sich jeder selbst ein Bild machen.
P.S.: Wer suchet, der findet! öffnenschließen
Medienspiegel:
2021-09-01 Was bedeutet „woke“? ↗ – Matthias Kemter / Stuttgarter Zeitung öffnenschließen
2021-11-05 Rolling Stones streichen “Brown Sugar”: Erfasst vom Empörungslustsyndrom ↗ – Tartarotti – Kurier öffnenschließen
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